Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, während ich den Waldweg entlanglief. Meine Füße setzten leicht auf den federnden Waldboden auf und meinem Mund entfuhr ein glückliches befreites Lachen. Meine Schritte beschleunigten sich, meine Gedanken wanderten zu meinem Ziel und ich drückte den Brief, der in meiner Hand lag, fester an meine Brust. Meine Augen richteten sich auf mein Ziel, welches man nun am Ende des Weges erahnen konnte. Es war ein altes, verfallenes Mäuerchen, was beinahe vollkommen mit Moos zu gewuchert war. Und das Wichtigste! Die Weidenkugel. Sie war mit der Zeit immer mehr zusammen geschrumpelt, doch für mich war sie noch so schön, wie an dem Tag, als ich sie fand, dort an meinem Rückzugsort und mit einem Brief im Inneren. Seit diesem Tag hatte sich einiges verändert. Der Brief war ein Hilferuf. Ein Schrei der Verzweiflung. Ich konnte sie von Anfang an gut verstehen, da ich auch mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte. Ihre Mutter war alkoholabhängig, genau wie mein Dad. Sie wusste nicht weiter, genau wie ich. Wir gaben uns gegenseitig Halt, trösteten uns, dass alles besser würden werde. Dieser eine Brief, der eines Tages dort in dieser Weidenkugel lag, an meinem sicheren Rückzugsplatz, wo ich allein sein konnte, hatte mein Leben gewendet. Nun war die Kugel mein Halt, die Briefe die sich dort drinnen befanden. Und natürlich Leja, die Schreiberin der Briefe. Wir hatten uns noch nie gesehen, obwohl wir eigentlich immer einmal am Tag hier her kamen, um uns den Brief, den die andere für einen schrieb, abzuholen. Ich erreichte den Weidenkorb und kniete mich daneben, um meinen Brief darin abzulegen. Ich war in meinen Gedanken versunken, als mich eine Stimme, die tränenerstickt und doch glücklich klang, aus diesen riss: Nora?! Mein Blick flog nach oben und das erste was ich sah, waren die unglaublich blauen Augen eines wunderschönen Mädchens. Anders war sie nicht zu beschreiben. Ihre Augen glichen der stürmischen See, doch waren sie auch sanft und liebevoll. Ihr Haar war schulterlang und besaß einen rötlichen Schimmer, der von dem Licht, das durch die Bäume fiel, nochmal hervorgehoben wurde. Ihre Nase war leicht schief und sah so aus, als ob sie schon mehrmals gebrochen wurde, aber es rundete nur das Gesamtbild ihrer Erscheinung ab. Mein Blick wanderte zurück zu ihren Augen, die feucht glänzten. Leja? hauchte ich. Sie nickte und die Tränen rannen nun ihre Wangen hinunter. Ich machte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu. Sie ließ einfach den Brief fallen, den sie in der Hand hielt, rannte auf mich zu und fiel in meine Arme. Ich taumelte zurück und lachte unter Tränen. Sie vergrub ihr Gesicht in meiner Halsgrube und ich tat es ihr gleich. So standen wir da, gefühlt eine Ewigkeit. Und Leja verlängerte diese Ewigkeit mit den Worten Ich liebe dich.